Förderpreis für Filmkunst

Um den Austausch zwischen der filmenden und der bildenden Kunst zu unterstützen, vergeben die Nationalgalerie und die Deutsche Filmakademie einen gemeinsamen Preis. Neben dem Preis der Nationalgalerie gibt es seit 2011 ebenfalls zweijährig auch den Förderpreis für Filmkunst.

Der*die Regisseur*in sollte unter 40 Jahre alt sein sowie in Deutschland leben und arbeiten. Der Film darf zudem nicht älter als drei Jahre sein. Filme jeder Länge (ab einer Minute Laufzeit) sind zulässig.

Neun Mitglieder der Deutschen Filmakademie gehen auf die Suche nach Filmen, die sich zwischen den Welten des Kinos und der Kunst bewegen. Dabei ist nicht nur das einzelne Werk von Bedeutung, sondern auch das künstlerische Selbstverständnis und die persönliche Vision des Filmemachers. Die Filme werden über den Zeitraum eines halben Jahres gemeinsam gesichtet und diskutiert.

2019 haben sich Irene von Alberti, Jule Bartram, Maximilian Haselberger, Sigrid Hoerner, RP Kahl, Anette Kuhn, Tom Schreiber, Jakob Weydemann und Rosa Hannah Ziegler dieser Aufgabe gestellt und vier Nominierungen ausgesprochen. Als Gewinnerin des Förderpreis für Filmkunst 2019 hat die erste Jury Lucia Margarita Bauer für ihren Film Maman Maman Maman ausgewählt.

Shortlist 2019

Maman Maman Maman | Regie: Lucia Margarita Bauer
Deutschland 2019, 37 Minuten

Synopsis: Viel zu selten erleben wir den Prozess des Abschiednehmens als absurde, urkomische Geschichte. Lucia Margarita Bauers Großmutter Babet Berger starb am 6. April 2012. Die Geschichte ihrer halb-kriminellen Überführung vom schwäbischen Riedlingen via Paris ins französische Grab ihres Ehemanns war Ausgangspunkt zum Film ‚Maman Maman Maman‘, mit dem sie sich auf die Suche nach ihren eigenen Wurzeln begibt. Der Film ist ein kaleidoskopartiges Anti-Portrait, dessen Partikel in alle Richtungen streben, dessen Zentrum aber bis zum Schluss obskur bleibt – über das Leben und die tiefe Verwandtschaft von Tragik und Komik, Slapstick und Tod.
Vita: Lucia Margarita Bauer, geboren 1979, zieht bereits mit 13 von Zuhause aus, lebt in Berlin und begibt sich mit 14 auf eine Reise in die USA. Nach einem zweijährigen Aufenthalt in Irland zieht sie mit 16 nach Ulm und beendet mit 22 Jahren ihre Goldschmiedelehre. Ohne gültigen Schulabschluss geht sie für ein Jahr nach Strasbourg an die „Ecole des Beaux Arts“ und führt später das Studium in Berlin  fort, mit dem Abschluss im Fachbereich Experimentelle Mediengestaltung. Sie kuratierte zahlreiche Ausstellungen in Berlin, u.a. in der Santa Lucia Galerie der Gespräche. Als Fotografin für diverse Magazine portraitierte sie u.a. Pan Daijing, Albert Oehlen und Claude Lanzmann.

Imperial Valley (Cultivated Run-Off) | Regie: Lukas Marxt
Deutschland 2018, 14 Minuten

Synopsis: Das Imperial Valley ist eine der bedeutendsten Regionen industrieller landwirtschaftlicher Produktion Kaliforniens. Es wird durch ein riesiges Bewässerungssystem, das den Colorado-River anzapft, wie auch den eigens dafür angelegten All-American Canal, urbar und für die landwirtschaftliche Super-Produktion verwertbar gemacht. Das Imperial Valley wird zum „Uncanny Valley“, zum Ort der noch nicht oder gerade nicht mehr „natürlich“ und dadurch unheimlich erscheint. Die Landschaft nach der Landschaft (oder ihrer mediatisierten Repräsentation) ist ein geometrisches Konzept von Linien, Flächen, Punkten und Farbflecken, egal ob belebten oder unbelebten Ursprungs. Von Menschen gemacht, ist für diese darin jedoch kein Platz mehr, weder ontologisch, noch tatsächlich. Die Post-Apokalypse muss gar nicht mehr stattfinden, wir sind bereits mitten drin.
Vita: Der österreichische Künstler Lukas Marxt, Jahrgang 1983, studierte u.a. Audiovisuelle Gestaltung an der Universität für künstlerische Gestaltung in Linz, an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig und an der Kunsthochschule für Medien Köln. Er widmet sich in seiner Arbeit sozialpolitischen und ökologischen Strukturen im Kontext des Anthropozän. Dabei kombiniert er dokumentarische und konzeptuelle Ansätze, nutzt unterschiedliche Medien und schafft so abstrahierte und dekonstruierte Bildräume.

Final Stage | Regie: Nicolaas Schmidt
Deutschland 2017, 27 Minuten

Synopsis: Ein Jugendlicher läuft weinend durch ein Einkaufszentrum. Die Plansequenz in einem minimaldramaturgischen Adoleszenz-Spielfilm. In der 12-minütigen Fahrt begleitet ihn die Kamera seitlich und fängt dabei spontan minimale Ereignisse und kleinste Gesten der ebenfalls anwesenden
Passanten ein. Die betont lange Einstellung, eine Bildsprache zwischen dokumentarischer Beobachtung und subtiler Inszenierung sowie die Diskrepanz von Bild und Soundcollage lassen die Situation als fragiles Konstrukt einer vertrauten Realität erscheinen.
Vita: Nicolaas Schmidt, Jahrgang 1979, lebt und arbeitet in Hamburg. Er studierte Visuelle Kommunikation/Film und Freie Kunst (Mixed Media, Time Based Media) an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg. Seine Arbeiten werden international bei Filmfestivals und Ausstellungen  gezeigt. ‚Final Stage‘ ist ein Abschlussfilm und wurde mit dem First Steps Award 2017 in der Kategorie „Mittellanger Spielfilm“ ausgezeichnet.

Happy Happy Baby | Regie: Jan Soldat
Deutschland 2016, 20 Minuten

Synopsis: In seinem Kurzfilm ‚Happy Happy Baby‘ widmet sich Jan Soldat dem Phänomen der Adult Babys und begleitet Erwachsene, die sich in die Kleinkindzeit zurück versetzen. Sie tragen Windeln, spielen mit Bauklötzchen, trinken aus dem Fläschchen und lassen sich Gutenachtgeschichten vorlesen, bevor sie mit dem Schnuller im Mund in einem überdimensionalen Kinderbett einschlafen. Sie finden einen Zufluchtsort, in dem Sex keine Rolle spielt, sondern das Ausleben der eigenen Wünsche und Vorlieben im Mittelpunkt steht.
Vita: Jan Soldat, geboren 1984, produzierte seit 2006 Kurzfilme bei der Chemnitzer Filmwerkstatt und begann 2008 das Studium der Film- und Fernsehregie an der HFF Konrad Wolf in Potsdam. Sein Fokus liegt auf dokumentarischen Filmformaten. Mit seinen Filmen wurde er bereits  mehrfach u.a. zur Berlinale, Oberhausen, Rotterdam und Viennale eingeladen. In seinen Werken blickt Jan Soldat auf individuelle Sexualitäten und Beziehungsmodelle, die manch einem fremd erscheinen mögen und zeigt auf, dass man über Kategorien hinweg die Menschlichkeit im Menschen sehen kann.